Früh aufgestanden und dann gings nach Bückeburg zur fürstlichen Hofreitschule. Ich hatte
mich mit Jenny von http://www.peer-classen.de/
verabredet. Wir hatten uns am Freitag gesprochen und Sie würden mir nen Platz
freigehalten. So hatte ich schon mal Anschluss und wusste, dass ich jemanden
zum Quatschen habe.
D. und B. aus der Hofreitschule kenne ich ja schon länger,
aber die sind dann ja auch immer kräftig eingespannt.
Jenny und ich hatten verabredet kurz zu tippern und trafen
uns auch direkt am Eingang wieder. Nachdem ich ca. 10 Minuten in der Schlange
gestanden hatte war die Begrüßung super freundlich. Ich bezahlte mein
Mittagessen schnappte mir meine Eintrittskarte und suchte Jenny und Peer um mich
vorab schon mal ein bißchen mit ihnen auszutauschen.
Das Seminar startete ein paar Minuten später mit einem
Theorievortrag von Christin Krischke. Zusammenfassend ging es um die Idee des
Barockreitens, dessen Entstehung und den heutigen Gegebenheiten der modernen Sportreiterei.
Dazu gab sie Erklärungen warum die moderne Reiterei denn ungesund fürs Pferd ist.
Alles für mich schlüssig erklärt. Danach fragte ich mich erstmal was ich all die
Jahre falsch gemacht habe.
Hier ein Beispiel warum mich diese Vortrag auch in meinen
Grundfesten so tief erschüttert hat und ich erst mal ein paar Tage nachdenken
musste: Eine Dehnungshaltung wird in der Barockreiterei nicht eingenommen. Studien
haben gezeigt, dass ein Reiter mit 70kg den Widerrist bereits um 4cm einsinken
lässt. Veranlasse ich mein Pferd dazu eine tiefe Dehnung einzunehmen wird der
Widerrist noch mehr abgesenkt, was für dazu, dass die vorderen Extremitäten
extrem belastet und geschädigt werden. Bei 25% der Pferde die eingeschläfert
werden liegt der Grund an Lahmheit der Vorderbeine.
So, jetzt stellt euch mal vor: Ich erarbeite immer wieder
eine Dehnungshaltung mit meinem Pferd, mit meinen Schülern und dann kommt
jemand und sagt es ist falsch. UND: Ich kann es auch noch nachvollziehen. Die
Bückeburger richten Ihre Pferde sofort auf. Natürlich nicht bis ins Unermessliche. Gedehnt wird im Stand, in der Pause. Sonst nicht. Auch wird
immer mit einer Routine warmgeritten. Zusätzlich besteht nie eine konstante
Zügelverbindung. Das Pferd soll lernen in Selbsthaltung alleine aufgerichtet zu
gehen und lernt den Menschen zu tragen. Zu diesem ersten Schock von mir später
mehr. Das Programm ging ja weiter.
Es traten drei Reiter der Hofreitschule auf. Eine
Bereiterin, eine Schülerin und ein Westernreiter mit einem Schulhengst. Durch
den Hofreitmeister Wolfgang Krischke und seiner Frau Christin Krischke wurden
diese Reiter der Reihe nach unterrichtet. Die Besonderheiten der Reitweise
wurden deutlich gemacht. Schade allerdings war, dass alle Pferde sehr weit
ausgebildet waren. Gerne hätte ich gesehen, wie das mit einem jungen oder
weniger ausgebildetem Pferd ausgesehen hätte.
Danach stellte Jeff Sanders die Altkalifornische Reitwaise vor.
Die Reitpferdausbildung startet auf Bosal und in letzter Instanz wird das fast
fertig ausgebildete Pferd auf blanke Kandare umgestellt. Jeff kritisierte die
Zucht der modernen Quarterhorses, deren Halsansatz immer tiefer gezüchtet wird
und dadurch das Pferd unter dem Reiter immer mehr auf die Vorderhand bringt.
Auf Bildern wurde klar, dass die Altkalifornische Reitweise
direkt von der Barocken abstammt. Es gab Gemälde auf denen Kalifornier in
Schulparaden und Pferde in hoher Aufrichtung zu sehen waren. Deutlich zu
unterscheiden von den Westernreitern die ich so kenne. Ein Zusatz haben die altkalifornisch ausgebildeten Pferde noch. Sie werden für die Rinderarbeit
eingesetzt.
Jeff brachte auch drei seiner Schüler mit. Diese
demonstrierten ihre Arbeit genauso wie die bückeburger Reiter. Es war schön zu
sehen, dass auch Westernreiter ihre Pferde aufrichten und Seitengänge reiten
können.
Ich war total überrascht von so vielen neuen Eindrücken und
war froh, dass es nun in die Pause ging. Bei Chilli con Carne und einem kleinen
Spaziergang ließ ich die Eindrücke sacken. Ich telefonierte kurz mit meinem Mann
und war froh, dass ich meine Gedanken kurz in Worte fassen konnte und mir einfach
jemand zuhörte. Auch Thilo war verwundert über das was ich erzählte. Ich wollte
weiter neutral bleiben und schauen, dass ich irgendwie aus meinem Dilemma mit
der Dehnungshaltung heraus komme.
Ich setzte mich zu den anderen und unterhielt mich noch ein
paar Minuten bis es wieder los ging.
Zum Glück wurden meine Bedenken bezüglich der
Dehnungshaltung direkt nach der Pause immer mehr abgebaut.
Im zweiten Teil des Seminars wurden zuerst die bückeburger Reiter von Jeff unterrichtet. Jeder bekam ein anderes Ziel im
Unterricht. Die Bereiterin Rebecca und ihr Hasi bekamen eine Stunde im Kühe
hüten. Naja nicht ganz - eine Kuh kam nicht in die Halle sondern Jeff. Rebecca
sollte ihn spiegeln und ihn verfolgen. Eine Mittellinie trennte Ihre Bereiche. Dabei
war für Rebecca wichtig den Focus im Griff zu behalten, und beim Anhalten die
richtige Atmen- und Anhalte-Technik. Bei der externen Schülerin der
Hofreitschule ging es auch sehr um den Focus. Der Focus der Reiterin versteifte
sich so sehr auf ein Thema, dass das Pferd/Reiterpaar Schwierigkeiten bei den höheren Lektionen bekam. Jeff half ihr durch bestimmte Übungen davon
wegzukommen und sich über kleine Erfolge zu erfreuen.
Als Christin und Wolfgang Krischke dann die
altkalifornischen Reiter unterrichteten, wurde mir langsam klar wie das mit der Dehnungshaltung
zu verstehen ist. Die Krischkes legten großen Wert auf Aufrichtung und
Beizäumung. Durch die Arbeit an den Seitengänge wurden alle Pferde deutlich aufgerichteter.
Zusätzlich sollten die Reiter durch den inneren Zügel für Beizäumung sorgen. Alle
Pferde liefen deutlich besser und gerundeter. Alles wirkte sehr harmonisch,
nichts übereilt und kein Pferd überfordert.
Mein Problem mit der Dehnung lag schlicht und ergreifend an
der Definition von Dehnung. Es mag ja sicherlich Leute geben, die die Ansicht
vertreten, Dehnung müsste möglichst tief geritten werden. Da muss ich natürlich
den Krischkes Recht geben. Ein Pferd noch zusätzlich extrem auf die Vorderhand
zu bringen wiederspricht auch meinem Ziel von Dehnungshaltung, generell von der
ganzen Ausbildung von Pferd und Reiter. Nach meinem Verständnis ist die Dehnung
ein Mittel ein Pferd zu entspannen, es losgelassen zu machen und des dadurch in
den richtigen Takt zu bringen. Vielleicht geht es ja auch ohne? Oder zumindest
mit nicht so tief eingestelltem Hals?
Ich jedenfalls habe mir vorgenommen das Genick nicht mehr
tiefer als den Wiederrist kommen zu lassen. Ich war (bin) ja immer mit allem
Zufrieden (gewesen) was ich bis jetzt gemacht habe. Dennoch hat mich dieses
Seminar weitergebracht. Ich will, nein ich werde durchaus Einflüsse in meine
Arbeit einfließen lassen. Viele Sachen haben mir gut gefallen. Ich habe sie verstanden
und sie haben mich zum Nachdenken angeregt. Es fällt mir leider schwer alles
hier niederzuschreiben. Besonders, da ich auch selber noch darüber nachdenke.
Interessanterweise habe ich mit einigen Schülern die
Thematik des Aufrichtens gerade in letzter Zeit oft besprochen. Irgendwie kommt
es mir vor, als sollte ich zu diesem Seminar, um mal wieder über den Tellerand zu
schauen. Ich glaube ja daran, dass manche Sachen passieren sollen und auch
dieses Seminar sollte sein, sollte mich zum Nachdenken anregen und sollte mir neuen
Stoff geben.
Daher Danke ich an dieser Stelle der Cavallo und der
Fürstlichen Hofreitschule für dieses tolle Seminar, die tollen Ideen, die
tollen Menschen. Dank auch an Jenny und Peer für die tolle Gesellschaft. Auf
Bald ich gehe jetzt erstmal weiter grübeln
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