Nachtrag 16.03.2013 Seminar Barockreiten/Vaqueroreiten in Bückeburg

Nachdem nun vier Wochen rum sind und ich nachgedacht habe wollte ich nun nochmal alle meine Gedanken aufschreiben. Die Gedanken werden gestützt von dem Handout, dass ich beim Seminar bekommen habe.


Meine Gedanken zur Dehnungshaltung:

Vorab. Es geht hier um eine Haltung bei der der Pferdekopf - besser das Genick - tiefer kommt als der Wiederrist oder die Pferdenase tiefer als das Buggelenk.

Diese Dehnung lehne ich ab. Warum?

Studien haben gezeigt, dass sich der Widerrist um 4cm absenkt wenn sich ein Reiter auf das Pferd setzt. Ziel ist es aber, dass das Pferd den Widerrist anhebt um den Menschen gesund über den Rücken tragen zu können. Das kann nicht funktionieren wenn man das Pferd noch extra auf die Vorderhand bringt indem man es nach vorwärts-abwärts strecken lässt. Dies ist den meisten Leute auch bewusst, aber Sie nehmen es Zugunsten der Losgelassenheit in Kauf.

Viele vergleichen die natürliche Fresshaltung mit der Dehnung des Rückens. Aber Pferde fressen im Stehen oder bewegen sich vielleicht schrittweise vorwärts. Wie kann man dann eine Dehnung in der Bewegung fokussieren, die das Pferd sonst nur im Stand macht? Selbst in der Humanmedizin gibt es die Erkenntnis, dass extreme Dehnung in Bewegung ungesund ist.

Der Mensch versucht aber dennoch das Pferd in die Dehnung zu bringen. „Dann schwingt der Rücken doch so schön!“ Ja aber wohin denn? Viele sind der Meinung nach rechts und links, das ist aber nicht so. Hauptsächlich schwingt der Rücken nach oben und unten. Was passiert wenn ein 65KG schwerer Reiter im Trab, beim Leichttraben in Dehnung reitet? Er bringt noch mehr punktuellen Druck auf den Pferderücken und dadurch den Widerrist nach unten und mehr Gewicht auf die Vorhand.

Ein weiterer Grund vieler Leute das Pferd in Dehnung zu reiten ist, dass es dadurch lernt vermehrt unterzutreten. Dieses vermehrte Untertreten sind aber eigentlich nur größere, längere Schritte. Das Pferd nimmt dadurch keine Last auf. Ganz im Gegenteil, dass Becken kippt nicht ab und eine Hankenbiegung ist nicht möglich. Beobachtet doch mal ein Pferd in tiefer Dehnung. Es muss das entgegengesetzte Hinterbein genauso weit nach hinten raus strecken wie das andere unter den Pferdekörper. Wie soll da eine Lastaufnahme, also gesundes Laufen möglich sein?

Natürlich will man den Rücken des Pferdes dennoch anheben und dehnen. Dies kann man aber auch durch das Reiten von Biegung und Seitengängen erreichen. Dabei wird, vorausgesetzt es wird korrekt geritten, immer die äußere Seite gedehnt. Reitet man also im Wechsel auf jeder Hand dehnt sich der Rücken automatisch. Auch kann man das Pferd in Pausen im Stand dehnen lassen, indem man einfach den Zügel lang lässt. Das Pferd kann dann selber entscheiden ob es sich Dehnen möchte.

Das sind jetzt mal meine momentanen Ideen und Gedanken zum Thema Dehnung (Definition siehe oben). Das Problem ist, dass es wissenschaftliche Studien gibt, die belegen, dass 24% der Reitpferde aufgrund von Schäden an den Vordergliedmaßen eingeschläfert werden. Das kann im Zusammenhang mit der Dehnung stehen, weil dadurch einfach zu viel Gewicht auf die Vorhand gebracht wird. Sicherlich spielen auch weitere Faktoren eine Rolle. Für mich ist das trotzdem der Hinweis, dass man den Fokus mehr auf das Versammeln legen sollte.

Im Klartext heißt das für mich, dass ich weiterhin an einer Dehnung arbeiten werde, aber an einer positiven Dehnung, die niemals zu tief kommen darf. Außerdem sollte die Arbeit innerhalb einer Einheit immer wechseln. Zwischen entspannter und angespannter Haltung. Des Weiteren sollte immer in einem gewissen Grad an Beizäumung geritten werden. Natürlich alles dem Ausbildungsstand des Pferdes angeglichen.


Meine Gedanken zum Thema Reiten von Verstärkungen:

Damit meine ich diese extremen Trabverstärkungen die mein „Special Friend“ Totilas in Vollendung zeigt. Das das extrem unnatürlich aussieht brauch ich hier ja wohl nicht zu schreiben, oder? Verstärkungen und Schwung sind Erfindungen die er seit den letzten 100 Jahren geritten werden. Vorher gab es so was nicht.

Diesem neuen Schönheitsideal sind aber extreme Taktfehler entsprungen. Schaut euch doch mal ein Bild an wenn ein Pferd in der Trabverstärkung ist. Meist sind die Hinterbeine noch auf dem Boden und vorne wird rausgestrampelt. Der Zweitakt geht verloren. Dadurch, dass da große Bewegungsenergie aufkommt wird das Sprunggelenk quer zu den Knorpelfugen gestaucht, was zu Spat führen kann.

Extreme Verstärkungen sind bei mir jetzt tabu. Natürlich muss das Pferd vorwärts gehen und ich muss es aus einem langsamen Seitengang vorwärts schicken können, aber niemals übereilt. Immer so, dass ich das Pferd noch aussitzen kann. Damit komme ich zum nächsten Thema.


Meine Gedanken zum Thema Leichtraben:

Das Leichttraben ist in England entstanden. In einer Zeit in der es nicht um Kunst (also beim Reiten) sondern um Freizeitaktivität ging - oft in der Form von Jagdreiterei. Die Pferde waren für Schnelligkeit nicht für Versammlungsfähigkeit gezüchtet worden. Man erfand das englische Traben, das heutige Leichtraben, um auch den gewöhnlichen Leuten das Traben zu erleichtern.

Das Leichttraben ist also eine Modeerscheinung.

Bei Jungen, noch nicht bis zu den Seitengängen ausgebildeten Pferden habe ich nichts gegen das  Leichtraben. Auch bei Reitern die selber noch Probleme haben auszusitzen bzw. Ihre Balance noch nicht gefunden haben ist mir das Leichtraben deutlich lieber als das Rumgeplumpse im Rücken.

Allerdings sollte bei jedem Pferd-Reiter-Paar irgendwann der Zeitpunkt kommen auf das Leichtraben zu verzichten. Findet man gemeinsame Harmonie in einem Tempo im Trab kann das doch für beide Seiten nur angenehm sein. Was bitte sollte daran falsch sein?


Meine Gedanken zum Thema Rollkur:

Naja das ich komplett gegen das Einrollen oder zu eng machen von Pferden bin, ist den meisten (allen) hier wohl klar.

Trotzdem will ich nochmal zusammenfassen warum.

Ein Pferd das in Rollkur/zu eng geritten wir hat folgende Probleme:

- Es kann nichts sehen, ist dadurch besser zu kontrollieren
- Nackenband wird überdehnt
- Kehlkopfveränderungen
- Degeneration der Ohrspeicheldrüse
- Magengeschwüre oder andere stressbedingte Erkrankungen
- Verkürzung der Oberarmheber, dadurch extreme Vorderhandaktion

Niemals, nicht kommt mir ein Pferd zu tief. Dies wird sofort und immer korrigiert.


Meine Gedanken zum Thema Anlehnung:

Es gibt Anlehnung und Anlehnung. Deshalb kurz zur Klarstellung. Eine leichte Anlehnung ist erwünscht, aber kein auf den Zügel lehnen.

Stütz sich das Pferd auf den Zügel kommt Gewicht auf die Vorderhand. Wie oben beschrieben ist das nicht das Ziel also muss gegen gearbeitet werden. Für mich indem ich entweder die Hände öffne, oder bei extremem Drauflegen durch Demi-arrets.

Für mich ist das Ziel, dass das Pferd ohne Anlehnung in Selbsthaltung läuft.


Meine Gedanken zum Thema Versammlung:

Das war für mich früher immer ein rotes Tuch. Für mich musste sehr viel Vorarbeit geleistet werden um eine Versammlungsfähigkeit zu erreicht. Das war für mich schon fast hohe Dressur, hohe Kunst. Das sehe ich heute anders. Fakt ist das Pferd muss lernen sich zu versammeln, damit es überhaupt lernt den Menschen zu tragen.

Deshalb ist ein frühes vielleicht sofortiges Versammeln sogar Pflicht. Dies erreicht man zum Beispiel durch das Reiten von Seitengängen.

Bietet das Pferd nach geraumer Ausbildungszeit (das ist halt bei jedem Pferd anders) keine Versammlung, keine Beizäumung an, dann kann ich diese durch das Gebiss dem Pferd abverlangen. Dazu erlernt das Pferd zuerst die Beizäumung im Stand und dann langsam in allen weiteren Gangarten.

Natürlich sollte hierbei das Pferd nie überfordert werden. Merkt man eine Verspannung muss sofort pausiert werden. Dann kann mit der vorhergegangenen Übung neu gestartet werden.

Die Versammlungsfähigkeit steigt mit der Sicherheit der Ausführung bestimmter Lektion. Damit sich aber die passende Muskulatur entwickelt müssen bestimmt Lektionen auch einfach geübt werden. Auch wenn sie nicht sofort in Perfektion beherrscht werden. Hierbei kann man vom lernenden Pferd immer nur eins in Perfektion verlangen werden. Reihenfolge hierbei ist zum Beispiel bei den Seitengängen: Beizäumung, Kruppe, Biegung. Dies bietet einen Rahmen um die Ausführung der Lektion stetig zu verbessern. Dadurch lernt auch das Pferd immer mehr sich selbst zu tragen.


Meine Gedanken zum Thema Aufwärmen:

Je mehr ich Aufwärme desto länger dauert die Einheit. Das Pferd soll aber immer sein Bestes geben, keine Kilometerarbeit leisten müssen und natürlich gesunderhaltend Laufen.
Dafür ist es wichtig, dass Pferd nicht zu lang (vielleicht auch gar nicht) auf die Vorderhand fallen zu lassen sondern direkt mit seinem Programm anzufangen. Das kann bei einem jungen Pferd das Reiten von Bahnfiguren sein, bei älteren, weiter ausgebildeten Pferden die Routine in den Seitengängen in allen drei Gangarten.

Die Routine kann helfen dem Pferd einen Rahmen, etwas vertrautes zu geben. Für mich besteht die Routine aus einer bestimmten Abfolge der Seitengänge. Das muss nicht langweilig sein, weil ich auch die Seitengänge in unterschiedlichen Tempi, Abstellungen, usw. reiten kann.


So, das waren mal meine Gedanken, die beim Seminar etwas aufgerüttelt worden sind. Bei dem einen oder anderen Thema hat sich meine Einstellung gerade in letzter Zeit etwas geändert.

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